07.08.2023

Veränderungsmanagement, Unternehmensprozesse | Gastgewerbe

Generation Z im Gastgewerbe

Wie sie tickt, was sie wünscht und wie man sie an seinen Betrieb bindet

Die aktuelle Generation von Schulabgängern bzw. Berufsanfängern wird oft als „Generation Z“ bezeichnet. Was zeichnet diese jungen Menschen aus? Was sind ihre Werte und Wünsche, was erwarten sie von Arbeitgebern – und wie können Unternehmen im Gastgewerbe sie für sich begeistern? 7 Fragen, 7 Antworten:  

Unser Autor, Jan-Peter Wulf, beschäftigt sich mit Themen rund um Gastronomie, Essen, Trinken und Ausgehen. Ihn interessieren neue Konzepte, Produkte und Ideen – und besonders die Menschen dahinter.

Generation Z im Gastgewerbe  - Wie sie tickt, was sie wünscht und wie man sie an seinen Betrieb bindet
Generation Z im Gastgewerbe - Wie sie tickt, was sie wünscht und wie man sie an seinen Betrieb bindet

1. Was ist das wesentliche Merkmal der Generation Z?

In Deutschland bzw. Mitteleuropa ist es in erster Linie dieses: Die Generation ist klein. Bei den Babyboomern, deswegen heißen sie auch so, gab es bis Mitte der 1960er-Jahre noch bis zu 1,4 Millionen Geburten per annum. Der Pillenknick senkte die Rate drastisch. Die zwischen 1995 und 2010 geborenen Kinder der Generation Z hingegen kommen nur auf rund die Hälfte. Vielen Menschen, die in den Ruhestand gehen stehen wenige junge Berufsanfänger entgegen.

Der Arbeitsmarkt hat sich vom Angebot- zum Nachfragemarkt gedreht. Man kann auch sagen: Unternehmen bewerben sich heute bei jungen Menschen um deren Arbeitskraft, nicht mehr umgekehrt.

2. Welche Werte schätzt die Generation Z – und was bedeutet das für die Branche?

Ein zentraler Wert ist der „purpose“, was sich sowohl mit Zweck als auch mit Sinn, Sinnhaftigkeit oder gar Bestimmung übersetzen lässt. Welchen Zweck ein Unternehmen im Gastgewerbe hat, ist selbsterklärend. Welchen Sinn jedoch, ist eine Frage mit vielen Antworten – und hier legt Generation Z viel Wert auf plausible Antworten: Wie wird im Betrieb mit Ressourcen umgegangen? Wie nachhaltig ist das Unternehmen? Welchen positiven Beitrag für die Gesellschaft möchte er leisten? Welche Mission und Vision hat er über den wirtschaftlichen Erfolg hinaus? Vor dem Hintergrund einer Zukunft, die aufgrund von Klimakrise, der Rückkehr des Kriegs nach Europa und anderen Bedrohungen von vielen jungen Menschen als bedrohlich empfunden wird – was viele Umfragen zeigen – stellt sich für viele umso mehr die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Unternehmens, für das sie tätig sind. Arbeitgeber müssen sich zu Sinngebern wandeln, wenn sie junge Menschen für sich gewinnen wollen.

Betriebe, die einen „purpose“ entwickeln und transparent machen, haben nachweislich weniger Personalsorgen. Hierbei spielt insbesondere soziale Nachhaltigkeit eine Rolle.

3. Stimmt es, dass diese jungen Menschen weniger arbeiten wollen?

Mit der Generation Y, auch Millennials genannt, kam der Begriff „Work-Life-Balance“ auf: Arbeit und Freizeit sollen ausgewogen sein, auch Flexibilität ist wichtig. Für die Generation Z hat der bekannte Koch und Gastronom Christian Rach den Begriff „Life-Life-Work-Balance“ verwendet. Das Privatleben steht im Vordergrund. Endlose (oft unbezahlte) Überstunden, wechselnde Schichten, Teildienste, mehrmonatige Praktika als Pagen und andere Dinge, die lange Zeit Usus im Gastgewerbe waren und mitunter noch sind, werden zu No-go-Kriterien, wenn sich wenige junge Menschen – siehe Punkt 1 – viele freie Stellen in unterschiedlichen Branchen aussuchen können. Aber: Gerade weil diese Generation ein „purpose“ antreibt, ist sie besonders wissbegierig und legt Wert auf Qualität. Was macht gute Lebensmittel aus? Gute Gastfreundschaft? Erfolg? Daran wollen Z’ler gerne partizipieren und investieren ihre Zeit dann gerne, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Stimmen diese nicht, betreiben sie „quite quitting“ – man kennt es auch als innere Kündigung.

Eine zentrale Aufgabe für Unternehmen ist es, Arbeit nicht nur per zeitlichem Rahmen attraktiv zu machen (von der Vier-Tage-Woche bzw. drei freien Tagen am Stück bis hin zu sabbaticals bzw. unbezahltem Sonderurlaub), sondern auch den Inhalt spannend zu gestalten. Langeweile ist Gift.

4. Wie können die Betriebe im Gastgewerbe Menschen der Generation Z an sich binden?

Es galt schon immer, doch nun gilt es vor dem Hintergrund hoher Fluktuation und Abwanderung in andere Branchen umso mehr: Indem sie aus Gebundenheit Verbundenheit machen und über den vertraglichen „Deal“ weit hinaus ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entstehen lassen. Sie entsteht, wenn Werte vorgelebt, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden. Zum Beispiel durch einen älteren, routinierten Mitarbeiter, der dem jungen Kollegen zur Seite steht. Verbundenheit entsteht zudem, wenn Teamwork wirklich Teamwork ist, sprich Herausforderungen gemeinsam besprochen und Lösungen gemeinsam gefunden werden. Verbundenheit wächst, wenn Freiräume gewährt und Verantwortlichkeiten übertragen werden. Kurz: Es geht darum, die oft zitierte Wertschätzung greifbar zu machen.

Wer seine Mitarbeitenden zur Teilnahme an Azubi-, Koch- oder Servicewettbewerben motiviert und sie darauf vorbereitet, sie zu Fortbildungen und Seminaren entsendet und sie eigene Projekte gestalten und umsetzen lässt, erzeugt Verbundenheit.

5. Was können Betriebe von der Generation Z erwarten?

Bei allem Wunsch nach freier Entfaltung und ausreichend freier Zeit: Auch ein wichtiger Wert für die Menschen der Generation Z ist Sicherheit. Zu wissen, dass der Job nicht nur Job ist, sondern eine Perspektive bietet – Stichwort Karriere – und der Arbeitgeber Vertrauen in die junge Person setzt, ist essentiell. Auch Arbeitssicherheit, etwa durch Kräfte schonende Geräte sowie ergonomische Arbeitsplätze, gehören dazu. Die Generation Z schätzt klare Vereinbarungen: Das bieten und geben wir dir – etwa Bezuschussungen von Versicherungen, Fahrkarten oder Sport- und Fitnessangeboten – und das erwarten wir von dir – zum Beispiel die Bereitschaft, Schichten eigenverantwortlich zu tauschen und für andere einzuspringen, eine bestimmte Anzahl von Fortbildungen oder Schulungen pro Jahr zu absolvieren sowie zu einem positiven Gesamtbild des Betriebs nach außen beizutragen.

Empfehlenswert ist es, die Spielregeln in schriftlicher Form zu fixieren, in einem „Playbook“, das detailliert aufführt, was gegeben und was gefordert wird.

6. Wie wichtig sind digitale Tools für die Generation Z?

Die Generation Z ist die erste vollständige „digital native“-Generation, sie kennt das Smartphone seit der Kindheit. Digital ist normal: Alle Werkzeuge dieser Art, die Abläufe und Prozesse vereinfachen, sind ein Muss. Das Reservierungsbuch aus Papier hat ausgedient, ein Schichtplan auf einer Pinnwand mit Zettelwirtschaft ebenso. Und gleichzeitig – eine gute Botschaft fürs Gastgewerbe – gibt es eine große Hinwendung zur Handarbeit: Speisen aus Lebensmitteln im Rohzustand herzustellen (statt nur eine Tüte aufzureißen) oder mit selbstgemachten Zutaten kreative Drinks zu mixen, steht bei der Generation Z hoch im Kurs. Wer sie für sich begeistern will, sollte daher möglichst viel (wieder) inhouse herstellen und zubereiten.

Was sich digitalisieren lässt, sollte digitalisiert werden. Echte Werte, die im eigenen Betrieb produziert und somit geschöpft werden können, sollten zugleich wieder umso mehr in der eigenen Küche, Bar, Bäckerei oder sonstigen „Genusshandwerkstatt“ entstehen. Was ganz nebenbei ein Alleinstellungsmerkmal sein kann!

7. Wenn die Generation Z zahlenmäßig so klein ist, hat das Gastgewerbe überhaupt eine Chance, noch Leute zu finden?

Es wird nicht leichter, Personal zu finden, keine Frage. Die Demographie spricht dagegen und das Image der Branche liegt im Vergleich, das ist allgemein bekannt, nicht gerade auf einem Spitzenplatz. Nur Betriebe, die bereit sind, sich zu wandeln, die für Nachhaltigkeit, Sinnhaftigkeit, faire Bezahlung, Perspektiven, aber auch für Qualität einstehen, sind zukunftsfähig. Darüber hinaus geht es darum, das herauszustellen, was das Gastgewerbe einzigartig und spannend macht: Aus hochwertigen Produkten genussvolle Speisen herzustellen. Handwerklich zu arbeiten und die Kunst der Verfeinerung zu zelebrieren. Direkt am Menschen tätig zu sein, zu inspirieren und glücklich zu machen. Das gibt es nicht in einem Bildschirmarbeitsplatz im Büro! Und noch etwas: Die Branche ist auch ein Ort, in denen diejenigen, die vielleicht nicht die Besten in der Schule gewesen sein mögen, ihre schlummernden Talente, Kreativität und ihre Persönlichkeit zeigen können. Und sie ist auch ein Ort für diejenigen, die es aufgrund sprachlicher Barrieren in anderen Berufen schwer haben. Im Gastgewerbe können sie ihr Zuhause finden – vorausgesetzt, sie werden entsprechend gefördert und eingebunden.

Das Gastgewerbe war schon immer eine internationale und diverse Branche, sie lebt von der freundlichen Begegnung von Mensch zu Mensch. Betriebe, die sich auf darauf besinnen und offen für die Bedürfnisse der Generation Z sind, haben gute Perspektiven. 

Keywords: #Führung #Agilität #Persönlichkeit #Generationen #Arbeitsethos

Autor: Jan-Peter-Wulf | www.japewu.de

Bildquelle: istockphoto.com/Marta Shershen

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