Betriebsbegleitung: Restaurant Deichbär, Friedrichskoog-Spitze

Das familiäre Restaurant Deichbär liegt direkt hinter dem Deich im Ortsteil Friedrichskoog-Spitze. Die Eheleute Stefanie und Lars Schnoor führen den Betrieb mit starkem Saisongeschäft seit einigen Jahren erfolgreich gemeinsam. Lars Schnoor ist ausgebildeter Koch und auch gerne mal im Service nah am Gast. Stefanie Schnoor kümmert sich als Gastgeberin im Service um das Wohl der Gäste, kocht zudem sehr gerne und organisiert die Buchhaltung des Betriebes.

Neben den großen wirtschaftlichen Herausforderungen für das Gastgewerbe in den letzten Jahren, kommen zukünftig auf den „Deichbär“ noch umfangreiche und vermutlich langwierige Baumaßnahmen an dem Deich zu. Diese Unsicherheiten erschweren eine zuverlässige, langfristige und betriebswirtschaftliche Planung.

Um für den Betrieb in Zukunft eine hohe Resilienz zu erzeugen, ist die Steigerung der Agilität, verbunden mit der Anwendung zuverlässiger betriebswirtschaftlichen Methoden, empfohlen.

In der Betriebsbegleitung wurden daher die Themenfelder
• betriebliche Agilität und
• kennzahlenbasierte Unternehmenssteuerung
näher betrachtet.

• Inwiefern kann das aktuelle Kassensystem dabei behilflich sein?
• Welche wertvollen Informationen liefert die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) des Steuerberaters?
• Welche Kennzahlen bzw. KPIs (KPI = Key Performance Indicator) fördern eine strukturierte und planbare Unternehmensführung?

KPIs sind wissenschaftlichen Fakten der betriebswirtschaftlichen Mathematik. Sie sind keine schwammigen, weichen und somit vielfältig interpretierbaren Faktoren wie beispielsweise das „Bauchgefühl“ der beruflichen Erfahrung. Als valide, überprüfbare Faktoren liefern die KPIs starke Informationen als Entscheidungsgrundlage für betriebswirtschaftliches Handeln.

Die BWA ist ein Berichtswesen, welches i. d. R. monatlich vom Steuerberater zur Verfügung gestellt wird. Sie beruht auf der Gewinn- und Verlustrechnung und baut daher auf den Daten der betrieblichen Finanzbuchhaltung auf. Die BWA liefert Kennzahlen zum wirtschaftlichen Erfolg wie Aufwände, Erträge und Entwicklungsverläufen. Sie betrachtet historische Daten; also Daten, die wir rückwirkend nicht mehr beeinflussen können. 

Wichtig ist es, anhand der historischen Daten zu lernen, um sich zukünftig zu verbessern.

Wesentliche Kennzahlen der BWA sind:

1. Gesamtleistung = Umsatzerlöse netto + Bestandsveränderung der Erzeugnisse + aktivierte Eigenleistungen
2. Rohertrag = Gesamtleistung - Material- und Wareneinsatzkosten
3. Sonstige betriebliche Erlöse = private Verwendung von Gegenständen, also z.B. private Telefon- oder KFZ-Nutzung
4. Betrieblicher Rohertrag = Rohertrag + sonstige betriebliche Erlöse
5. Gesamtkosten: Summe der betrieblichen Kosten (Personal-, Raum-, KFZ-Kosten etc.) ohne Zinsen und Steuern
6. Betriebsergebnis (EBIT) = Betrieblichem Rohertrag - Gesamtkosten (vor Zinsen und Steuern)
7. Auflistung von Zinsaufwendungen (neutraler Aufwand) und -erträgen (neutraler Ertrag)
8. Ergebnis vor Steuern = Betriebsergebnis - neutraler Aufwand + neutraler Ertrag
9. Vorläufiges Ergebnis = "Ergebnis vor Steuern" - Steuern (=> beim Jahresabschluss können noch Änderungen erfolgen!)

Unterschiedlichste Quellen können Daten bereitstellen, welche uns helfen, daraus Informationen zu generieren. Das kann zum einen die Kasse sein, aber auch ein Warenwirtschaftssystem oder Listen der Tabellenkalkulation (z.B. Excel) sowie das Reservierungsbuch u.a..

Moderne digitale Kassen führen ein Kassenbuch. Hieraus lassen sich Daten automatisch zum Steuerberater (z.B. DATEV) übertragen. Tagesabschlüsse sind innerhalb von wenigen Minuten erstellt. 

Möglicherweise stellt die Kasse auch ein Belegarchiv zur Verfügung, um buchhaltungsrelevante Belege zu archivieren und um jederzeit darauf zurückgreifen zu können.

Eine starke Funktion ist bei einer modernen digitalen Kasse das Analyse-Tool (Reporting, Controlling). Hier ist eine Auswahl an Berichten für alle wichtigen KPIs hinterlegt. Es können auch Umsätze auf Artikel-, Mitarbeiter- oder Betriebstättenebene ausgewertet werden. Dies hat bspw. den Vorteil das die Effektivität der Mitarbeiter transparent ist und so durch Schulungsmaßnahmen zeitnah erhöht werden kann. Des Weiteren sind so auch Stornos und Rabatte stets im Blick und es kann möglichem Missbrauch entgegengewirkt werden, um nur einige Beispiele zu nennen.

Jeder Betrieb hat seine Eigenheiten und tickt daher individuell. Daher gibt es auch keine pauschale Empfehlung für bestimmte KPIs. Für den „Deichbär“ wird eine individuelle Auswahl von KPIs. abgestimmt, die auch jederzeit nach Bedarf erweitert werden kann. In Abständen wird die Relevanz der Auswahl überprüft. Wichtig für den betrieblichen Kurs und die umzusetzenden Maßnahmen ist auch der regelmäßige Soll-Ist-Vergleich der Kennzahlen.

Wichtige Kennzahlen der Gastronomie:

1. Umsatz pro Öffnungstag = Netto-Betriebsumsatz : Anzahl der Öffnungstage
2. Durchschnittsbon pro Gast (Warenumsatz pro Gast) = Netto-Warenumsatz : Anzahl der Gäste
3. Warenumsatz pro Sitzplatz = Netto-Warenumsatz : Anzahl der Sitzplätze
4. Wareneinsatzquote = Netto-Warenkosten : Netto-Warenumsatz
5. Rohaufschlag =
   (Aufschlag (Netto-Warenumsatz – Netto-Warenkosten) : Netto-Warenkosten) x 100
6. Umsatz pro Vollbeschäftigtem (VB) = Netto-Betriebsumsatz : Anzahl VB
7. Personalkosten pro VB = Personalkosten : Anzahl VB

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Autor: Jörg Holdenried | Holdenried Consulting